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26. März 1996

Ruf der Tucane - 1996

Liebe Kundinnen und Kunden
Morgens früh liegen schon wieder die ersten Nebelschwaden über den Feldern hier im Seeland, und wenn auch diese letzten Septembertage mit viel Sonneschein beschenkt sind, so ist der Herbst unübersehbar ins Land gezogen.

In diesem zweiten Ruf der Tukane möchte ich gerne wieder nach Guatemala zurückkehren, wo unsere Zusammenarbeit mit den Kunsthandwerkern am direktesten und intensivsten von allen Ländern ist. Das war nicht eigentlich so geplant, sondern hat sich in diesen sieben Jahren Markttätigkeit so ergeben.

Als ich im November 1989 die erste Reise nur zum Einkaufen unternahm, so hatte ich ein paar wenige Artikel im Kopf, von denen ich wusste, dass ich sie gerne an meinem (damals noch nicht existenten) Stand verkaufen möchte. Einer dieser Artikel waren die Gürtel aus Guatemala mit den farbigen Stoffbändern. Bei meinen ersten Erkundungen in Guatemala betreffend der Kunsthandwerke, wurde mir sehr bald bewusst, dass diese Gürtel nicht ein Kunsthandwerk als ganzes sind, sondern sich aus den Arbeiten zweier verschiedener Personen zusammensetzen. Ich stand also mit diesem neuen Wissen inmitten vieler schönen Stoffen und Bändern und so allmählich tagte es mir, dass mein Vorhaben, direkt mit den Produzenten zusammenzuarbeiten viel schneller gedacht als getan ist, und der wichtigste Bestandteil ist, das Wissen um die Ursprungsorte der verschiedenen Stoffen und Bändern. Guatemala, als ein Land dessen kulturellen Zentren in den Bergen und Hochtälern liegen, war wohl sehr lange Zeit eine abgeschiedene Region deren Weiterentwicklung viel langsamer vonstatten ging als bei seinem nördlichen Nachbarn Mexiko, das ja ein eigentliches Schwellenland ist, als Schnittstelle zwischen den Hyperentwickelten USA und dem ganzen spanischsprechenden Raum im Süden. Und so stelle ich mir vor, dass Guatemala lange Zeit ein Land war, dessen Weiterentwicklung von niemandem vorangetrieben wurde, und sich in diesem Klima die indianischen Trachten viel länger erhalten haben als etwa in Mexiko. Ähnlich wie bei den Trachten bei uns in der Schweiz, lassen sich anhand der Kleider Rückschlüsse auf den Wohnort des betreffend Menschen machen.

Doch 1989 hatten sich schon viele dieser Trachten verändert, bei den Männern in sehr vielen Regionen schon lange verschwunden, bei den Frauen auf die Bluse, (Huipil genannt) und wenige Haaraccessoires reduziert, waren doch auch schon die Röcke nicht mehr unbedingt identisch mit dem was Jahrzehnte früher zu den entsprechenden Trachten gehörte. Vor allem die alte Frauen aber tragen mit Freude noch ihre kompletten Trachten, und so kann sich der Besucher an ihnen ein Bild machen, was an ihren Wohnorten für Stoffe und Bänder gewoben werden. Denn es ist mit ein Grund für den fortschreitenden Zerfall der Bekleidungsgewohnheiten, dass all diese Kleider sehr arbeitsintensiv sind und deshalb sehr teuer, wenn sie nicht in der Familie selbst hergestellt werden, wobei noch da der alleinige Materialwert den Preis Amerikanischer und Europäischer Kleidung, die an jedem Markt feilgeboten werden, um ein mehrfaches übersteigt. In den drei Reisen nach Guatemala in der Zeit vor 89 habe ich schon viel über die Bekleidungsgewohnheiten gelernt da es mich schon immer interessierte und ich und meine Frau sehr viele Wanderungen und Reisen in entlegene Gebiete unternommen haben, wo die traditionellen Kleider noch mehr getragen werden als in den grösseren Ballungsgebieten.

So bestieg ich den Bus, und reiste auf einem Sitzplatz der für zwei Kinder konstruiert wurde, den sich in Guatemala jedoch immer mindestens drei Personen teilen, nach Totonicapan, dem Herkunftsort der Stoffbänder. Donnerstag und Samstag ist Markttag, und so stöberte ich schon am Freitag durch die Stadt auf der Suche nach Bändern zum Kaufen. An den wenigen Ständen in der Markthalle geöffnet sind fand ich zwei, drei Bänderrollen, die jedoch nicht meinen Vorstellungen entsprachen, waren sie ohne viele Zeichnungen, und die einzelnen Farblinien erstreckten sich über bis zu fünf Zentimeter. Die Frauen mit denen ich ins Gespräch kam versuchten mir zu helfen, und wiesen ein Kind an, mich zu einer Familie zu begleiten, welche Artesania (Handarbeiten) herstellen und verkaufen. So kam ich in zwei, drei verschiedene Häuser doch mehr als ein, zwei Bänder die mir gefielen, habe ich doch nicht gefunden. Abends im Bett überlegte ich mir das vorgehen für den nächsten Tag, und beschloss, mich an eine Stelle auf der Strasse zu stellen, wo die Frauen aus den umliegenden Bergen vorbeikommen, bevor sie auf den Markt gehen, um ihre Arbeiten zu verkaufen und mit dem Erlös ihre Einkäufe zu tätigen.

So stand ich schon morgens sehr früh am Wegrand und sprach die Menschen an, die von den Lastwagen stiegen, die anstelle von Bussen den Bergregionen als Transportmittel zu Verfügung stehen. Belustigt und interessiert scharten sich Kinder, Männer und Frauen um mich, und diejenigen die Bänder zu verkaufen hatten, versuchten mit dem Gringo einen guten Preis auszuhandeln. Doch auch in diesem Moment waren aussergewöhnliche, intensiv gearbeitete Bänder äusserst rar, und mir wurde die Notwendigkeit klar, die Frauen darum zu bitten, mir bis in zwei Wochen spezielle Bänder mit vielen Zeichnungen zu Weben. Doch die Ersten hatte ich nun in der Tasche und man sagte mir, dass am Markt von San Franzisco el Alto um Morgens um vier die Hersteller ebendieser Gürtel ihre Waren Verkaufen. Schon am Abend vor dem Markt war riesiger Betrieb, der Kilbitanz rege besucht und als ich um Morgens um Vier aus dem warmen Bett stieg, der Markt schon im Gange. Doch auch dort traf ich nur auf Zwischenhändler welche mich an die Pazifikküste weiterschickten. So erlebte diese Suche eine nächste Richtungsänderung, und nach rund zehn Stunden im Bus erblickte ich die Küstengegend mit ihren Zuckerrohrfeldern. Die nette Hotelbesitzerin zeigte mir am nächsten Morgen den Weg zum Markt. Doch dort hatten die Händler nur Cowboystiefel und ähnliches anzubieten, weit und breit keine Lederarbeiten vereint mit den intensiven Farben der Stoffe und Bänder des Hochlandes. Wieder verwies man mich an einen nächsten Ort, zwei Busstunden entfernt. Als ich dort ankam war es mittlerweile schon um die Mittagszeit und die Sonne brannte mit voller Stärke vom Himmel. Der Bus entliess mich beim Dorfplatz, wo unter den Bäumen schon die Betrunkenen in ihrer Betäubung schliefen. Ich betrat den erstbesten Laden der zugleich auch eine Bar war,und auch dort lagen unter den Tischen Männer in ihrem Erbrochenen. Möglichst ruhig bleiben hiess die Devise, ich trank mein Mineralwasser und beschloss das Dorf auf dem Weg zu verlassen, auf dem ich mit dem Bus hineingekommen war und das erste Fahrzeug das in Richtung Stadt fährt anzuhalten, einfach möglichst schnell weg. So eilte ich auf dem Gehsteig an der offenen Tür einer Sattlerei vorbei, wo ein junger Mann an der Arbeit war. Entgegen meinem Vorsatz von schnell weg, betrat ich den Raum, wo der Mann mit einem grossen Lachen von seiner Arbeit aufblickte. Er zeigte mir seine Arbeiten, Pferdesättel mit wunderschönen Verzierungen, Halfter und was es sonst noch alles für die Pferde braucht. Aber auch Hüllen für Taschenmesser und Buschmesser. Mittlerweile war die Werkstatttür von Kindern verstellt die neugierig den Fremdling betrachteten. Frauen verscheuchten lachend die Kinder, brachten zu trinken und eine wunderschöne Freundschaft nahm ihren Anfang. Zusammen gingen wir zu seinem Bruder der in einer anderen Werkstatt angestellt war, welche sich auf die Arbeiten mit Tipicos (örtlicher Ausdruck für Handarbeiten aus dem Hochland) spezialisiert hatte und Gürtel, Taschen, Geldbeutel etc. herstellten. Es war genau das was ich suchte und mit der Hilfe von Julio, dem Sattler erklärte ich Ihnen meine Bedürfnisse und Wünsche, und eine Stunde später verlies ich den Raum wieder wo ich meine Stoffe und Bänder hinterlies, welche nun zu Gürteln und Taschen verarbeitet wurden. Nach fünf Tagen Odyssee war ich am Zwischenziel angelangt und diese Beziehungen sollten noch viel weiter gehen, doch davon das nächste Mal.

Bis bald - Die Tukan

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