Skip to main content
26. März 1998

Ruf der Tucane - Frühling 1998

Liebe Kundinnen und Kunden
Nachdem der Schwarzdornstrauch verblüht ist, steht nun der Kirschbaum in voller Blühte und wir dürfen uns schon bald wieder an den lauen Sommerabenden freuen, wo man noch bis spät unter der Pergola sitzt, und den Grillen zuhört.

Rückblickend ist es immer wieder erstaunlich, wie schnell die Jahreszeiten vorbei ziehen und meine jährliche Reise nach Zentralamerika ist auch schon wieder fast zwei Monate her. Die erste Zeit nach so einer Reise vergeht immer wie im Flug. Ich freue mich wieder bei der Familie zu sein, mit den Kinder zu spielen, und natürlich auch alle Freunde wieder zu sehen. Doch hinter all dem ist das Erlebte in Guatemala und Mexiko noch in wärmster Erinnerung. Sollte auch einmal ein Aprilmorgen mit seiner Winterkälte und Nebelschwaden alles andere als einladend sein, so drückt immer wieder eine guatemaltekische Sonne durch, die Freude und Begeisterung verspricht.

Julio bei der Arbeit

Nicht dass in Guatemala alles eitel Freudenschein ist und man schon am Flughafen eine Begeisterung in den Pass gestempelt bekommt.
Vielmehr sind es ja die eigenen Gedanken und Einstellung die sich mit der örtlichen Gegebenheiten verschmelzen und eins werden.

Bevor ich nach Guatemala abreiste, setzten sich meine Frau und ich uns intensiv mit dem Marktjahr 1998 auseinander. Was wollen wir in diesem Jahr verkaufen, was soll anders sein als letztes Jahr.

Grundsätzlich wollen wir ja weiter intensiv mit unseren Webern zusammenarbeiten und versuchen die Stoffe bei den Kleidern und Accessoires
möglichst schön zur Geltung zu bringen.

Seit fünf, sechs Jahren sind wir immer bestrebt eine eigene Kollektion zusammenzustellen, unabhängig was sonst in Guatemala genäht wird. Die Vergangenheit hat immer wieder gezeigt, dass die Produzenten in Guatemala an allen Ecken und Enden zu sparen versuchen, da die diversen Einkäufer wohl scheinbar nicht zuviel Geld ausgeben wollen. Das endete leider in so grotesken Begebenheiten, wo bei Regen die Farbe ab dem Stoff lief, oder
das Hemd, wo die Ärmel in Grösse S sind, der Körper jedoch Grösse XL....

Schon die letzten Jahre versuchten wir dem entgegenzuwirken, indem wir nicht Kleider ab der Stange gekauft haben, sondern vor allem Modelle ausgesucht haben, die nachher für uns genäht wurden. Da unsere Stoffproduktion noch jung ist konnten wir leider nur einen Teil so herstellen lassen, oder mussten Stoffe zukaufen. Auch mussten wir natürlich Lehrgeld bezahlen, viel Lehrgeld teilweise, da man ja auch zuerst lernen muss wie viel Stoff ein Hemd braucht, oder wie überhaupt genäht wird, wie ein Schnittmuster aufgebaut ist etc.

So konnten wir natürlich aus den Erfahrungen der letzten Jahre lernen, und hoch motiviert beschäftigten wir uns nach Abschluss des Weihnachtsgeschäfts 97 mit der Musterauswahl für die Kinder. -& Erwachsenenkleider für unsere 98 Kollektion.

Wir beschäftigten uns intensiv mit Taschen und Beuteln, Kinderlatzhosen, Röcke, Jacken, Hosen, T-Shirts, und dasselbe natürlich auch für die Erwachsenen. Wir schneiderten viele Muster schon zuhause, die Nähmaschine ratterte ununterbrochen. Nicht immer war es so dass das neu kreierte Modell unseren Vorstellungen entsprach.

 

 

Ruf der Tucane - Winter 1998
Liebe Kunden und Kundinnen
Seit ich 1990 mit dem professionellen Handeln anfing, reiste ich immer wieder in die mexikanische Silberstadt Taxco. Zu den Kolonialzeiten eine der blühendsten Städte der Welt. Ströme von Silber verliessen diese Stadt in Richtung Spanien und dem Vatikan. Noch heute wird erzählt dass mit dem Edelmetall aus dieser Region eine Brücke bis nach Spanien hätte entstehen können und es begegnen einem in dieser Stadt noch viele weitere Legenden.

Einst erlebte ich hier die totale Sonnenfinsternis. Mitten am Tag dunkle Nacht, Fledermäuse segeln durch die Luft und wenn fünfzehn Minuten später die ersten Lichtstrahlen wieder hinter dem Mond hervorschiessen ein solch grelles Licht, dass wenn man von blossem Auge hineinsieht man schwerste Augenschäden davontragen kann. Sobald wieder die ganze Sonne zum Vorschein tritt, erscheint einem alles unwirklich: ein neuer Tag beginnt mitten am Tag...

Für die alten Völker auf dem Kontinent immer ein Schreckenserlebnis, jedoch nicht so für die früheren Mayas weiter im Süden von Mexiko und in Guatemala. Für sie war es vielmehr der Beweis der Überlegenheit des Mondes gegenüber der Sonne. Meistens ist einem der Blick in dieser Stadt vor lauter Silber benebelt, das in den Schaufenstern und auf den Ladentischen liegt. Auf Hochglanz poliert strahlt es dem Besucher entgegen und manch einer sieht sich um hunderte von Jahren zurückversetzt in die Zeiten der Spanier, und fühlt den Rausch der schimmernden Metalle in sich hochsteigen. Silber, heute eigentlich mehr vom Glanze alter Zeiten zehrend, wertvoll als Handelsgut da klein verpackbar und gut im Gepäck mitzutragen. Mein Geist war wohl mit diesen Gedanken gefüllt und der Blick geblendet, dass ich all die Nachkommen der Azteken nicht bemerkte die am Strassenrand sitzen und Keramik bemalen. Seit Jahrhunderten überliefern sie die Motive von Generation zu Generation, jedoch wäre es nicht Mexiko entstünde nicht ein Bezug zur heutigen Zeit wo auch Szenen des täglichen Lebens das Keramik schmücken. In den Fünfzigerjahren gab es einen Nordamerikaner der dieses Keramik wieder entdeckte. Er empfand es als Handelsgut jedoch ungeeignet, als zu voluminös und zerbrechlich.

So bewegte er die Künstler Papier zu bemalen, das aus Baumrinde gewonnen wird. Jahrelang ging ich blind an diesen Kunstwerken vorbei. Bis wir als Familie nach Mittelamerika reisten damit unsere Kinder erleben konnten wohin ihr Vater Jahr für Jahr entschwindet. Knapp bei Kasse waren wir gezwungen Waren von Guatemala nach Mexiko mitzubringen und zu verkaufen. So entdeckte meine Frau das schöne Keramik das an den Strassenränder bemalt wird. Von all den vielen Künstler gefielen uns vor allem die Arbeiten von Tomas Ramirez.

Da er an unseren Waren aus Guatemala sehr interessiert war, tauschten wir miteinander. Und als wir von Taxco nach Mexiko City abreisten um dort kurz vor Mitternacht unser Flugzeug zu besteigen waren wir mit einer Kartonkiste mehr beladen. Gedanklich schon auf dem Nachhauseflug waren wir völlig überrascht als die Taxifahrer trotz des Pauschalbilettes auf Nachzahlen infolge Gütertransport bestanden. Alles nachfragen, diskutieren und lamentieren nützte nichts, eine Kartonkiste gilt als Fracht, und die muss extra bezahlt werden. Das eingetauschte Keramik erfreute uns trotzdem auch in der Schweiz noch sehr, wurde sehr bewundert und war schnell verkauft.

Es war uns klar dass wir gerne mehr von diesem Keramik verkaufen würden, doch wie die Strukturen dazu legen? Es liegt auf der Hand dass Handarbeiten von Hand gemacht werden und deshalb nicht im Nu fertig sind. Grössere Quantitäten brauchen noch viel mehr Zeit und ich war mir bewusst dass ich Tomas genügend früh von meinem Wunsch in Kenntnis setzen musste.

Monate später, als ich mich wieder allein auf den Weg nach Mittelamerika machte, beschloss ich meinen Flug in Mexiko für drei Tage zu unterbrechen um nach Taxco zu fahren. Dort informierte ich meinen Freund dass ich in sieben Wochen wieder nach Taxco kommen würde und gerne so viele Arbeiten von ihm als möglich mit in die Schweiz nehmen möchte. Er war hell begeistert von dieser Idee, noch mehr als er bemerkte dass ich nicht um den Preis feilschte sondern ihm seinen von ihm genannten, angemessenen Preis gerne zu zahlen bereit war.

Bald darauf war ich in Guatemala und die Zeit verging bei der Arbeit wie im Flug. Mitten in der Arbeit mit unseren Webern und Stoffen realisierte ich dass es Zeit war, nach Norden aufzubrechen. Während den endlosen Bussfahrten nach Mexiko Stadt blieb viel Zeit um nachzudenken. Mehr als einmal versuchte ich mir in Gedanken vorzustellen was Tomas in der Zwischenzeit für mich gemalt hatte.

Zum Zerreissen gespannt erreichte ich Taxco. Sobald ich mich meines Gepäckes erledigt hatte, begab ich mich auf den Weg zu meinem Freund. Am vertrauten Ort sass seine Frau die mich mit einem scheuen lachen empfing. Ihr Mann, der Vorsteher seiner Gemeinde ist, verweilte noch in seinem Dorf in der Nähe von Toluca, da Fasnacht war und er als Autorität seinen Teil zum Gelingen des Festes beitragen musste.

Sie versicherte mir, dass mein Keramik in ihrem Zimmer bereitstehen würde und ihr Mann am nächsten Tag anreisen werde. Ich versuchte meine weiteren Arbeiten in Angriff zu nehmen doch immer wieder fragte ich mich, ob wohl alles klappen würde. Es war schon Mittwoch und bis Freitag musste ich meine Ware in Mexiko Stadt abgegeben haben, damit sie in die Schweiz gesendet werden konnte.

Am nächsten Tag erschien dann auch schon bald Thomas mit einem breiten Lachen. Auf der Treppe sitzend erzählten wir uns unsere Erlebnisse und als wir dann endlich in sein Zimmer traten; die Betten überstellt mit Keramiksonnen und Figuren. Mein Herz machte einen Freudensprung ob all der gemalten Pracht. Jedoch wurde mir Angst und Bang ob der Frage wie ich wohl all dies nach Mexiko City bringen könnte, ohne viel zu zerbrechen. Ich begab mich auf den Weg um Eierkartons zu kaufen mit denen wir die Kisten polsterten. Eine gute Idee, jedoch nahm das Volumen der Kisten um ein vielfaches zu.


Es war nun schon Freitagmorgen, als ich mit neun Bananenkisten, einer Tasche und meinem Rucksack am Busbahnhof stand. Zum Glück ist der Busbahnhof übersichtlich und klein, trotzdem kam ich mir sehr verloren vor mit meinem Gepäck . Hergekommen war ich mit drei Taxis und der Hilfe von Tomas und seinem Sohn, welche in Ihrer Freude über den getätigten Verkauf selbst die Taxis bezahlten. Doch von nun an war ich auf mich allein gestellt.

Als der Bussfahrer die Klappen der Gepäcksbehälter öffnete und mich mit meinem Berg von Kisten erblickte sagte er sehr bestimmt den Preis den ich zu bezahlen hätte. Als ich handeln wollte, drehte er mir den Rücken zu und bemerkte nur noch, dass ich es als Frachtgut aufgeben solle, was ein vielfaches des Preises gewesen wäre. So bezahlte ich ihm sein Trinkgeld, füllte den halben Gepäcksraum mit den Kisten und stieg erleichtert in den Bus. Drei Stunden später entliess er mich ins pulsierende Leben eines Busterminals in der grössten Stadt der Welt.

Ich war froh als ich mir zwei Gepäckträger mit Ihren Rollis organisiert hatte. Jedoch wurde mir auch hier schnell bewusst, dass handeln um den Preis sinnlos war, war ich selbst redend am kleineren Hebel und auf Ihre Dienste mehr als angewiesen. Als ich am Schalter mein Taxiticket löste war mir klar, dass auch der Taxifahrer sein Trinkgeld wollte. Ein Strahlen in seinen Augen als er mich mit den zwei Gepäcksrolli sah. Mein Strahlen in den Augen erlosch als er seinen Preis nannte. Doch als ich sah dass er als einziger ein Auto mit so grossem Stauraum besass, wurde ich mir meiner Situation ein weiteres Mal bewusst und akzeptierte den Preis zähneknirschend. Ich war froh als wir bei der Transportfirma ankamen und ich meine Kisten endlich loswurde. Dank den vielen Eierkartons erreichten uns die zerbrechlichen Kunstwerke unbeschädigt. Wenn ich sie dann an unserem Stand sehe, wird mir immer wieder warm ums Herz und hoffe dass meine Freunde noch viele Kunstwerke für uns malen und diese den Weg in die Schweiz finden.

Bis bald - Die Tukane

neueste Blogbeiträge

Qualitätskontrolle an der mexikanischen Hängematte

Die neuen Hängematten sind versandbereit

Unsere Hängematten aus Mexico!

Jede Hängematte ein Einzelstück, sorgfältig und liebevoll von Hand hergestellt und minutiös kontrolliert!

Nun bereit zum Versenden, gerade richtig für das kommende schöne Wetter!

Neue Versandkosten für Sperrgut

El Tucan, Impressionen im Frühling 2024

Farben auf dem Markt

 

 Ein paar Impressionen von El Tucan im Frühling 2024